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Stellungnahme des Fahrgastverbands PRO BAHN e.V. zum Planfeststellungsverfahren für den Planfeststellungsabschnitt (PFA) 1.3 „Filderbereich mit Flughafenanbindung“ des Projektes „Aus- und Neubaustrecke Stuttgart—Augsburg im Bereich Stuttgart—Wendlingen mit Flughafenanbindung“ der DB Netz AG, vertreten durch die DB ProjektBau GmbH

Der Fahrgastverband PRO BAHN e.V., Regionalverband Region Stuttgart möchte im Folgenden zu den Planungen der DB ProjektBau GmbH im Bereich des Flughafens Stuttgart Stellung nehmen.

Vorbemerkung

Das Projekt Stuttgart 21 wird damit begründet, dass der Bahnknoten Stuttgart für einen dichteren Takt von Regional und Fernverkehr ertüchtigt werden muss, damit mehr Züge mit kürzeren Fahrzeiten verkehren können. Dabei sollen im Planfeststellungsabschnitt 1.3 durch einen neuen Bahnhof „Stuttgart Messe/Flughafen“ zusätzliche Verkehrsverknüpfungen geschaffen werden, um den Anteil der Messebesucher und Flugpassagiere, die mit der Bahn anreisen, zu erhöhen und den gesamten Filderraum besser an die Schiene anzubinden.

Der Fahrgastverband PRO BAHN hat das Projekt schon seit vielen Jahren kritisch begleitet und kommt nach gründlicher Abwägung zum Ergebnis, dass mit der vorliegenden Planung diese Ziele entweder gar nicht oder nur unter Inkaufnahme großer Nachteile für andere Bahnnutzer erreicht werden können und dass im Bereich der Filder ein neuer Engpass sowohl für die S-Bahn als auch für die Gäubahn geschaffen wird, der es gerade nicht erlaubt, zukünftig mehr Verkehr abzuwickeln und der das Bahnfahren teuer und weniger attraktiv macht. Deshalb möchten wir im Namen der Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel dagegen Einspruch erheben und im Folgenden die Gründe dafür darlegen sowie eine Alternative aufzeigen.

1. Umweg der Gäubahn

Der Direktanschluss der Gäubahn an den Flughafen wird durch einen Umweg der Gäubahn erkauft, der dem weit überwiegenden Anteil durchfahrender Fahrgäste zugunsten weniger zu- bzw. aussteigenden Fahrgästen aufgezwungen wird (Stand 2010: täglich 560 Ein- und Aussteiger am Flughafen aus Böblingen und Herrenberg [1] sowie von weiter entfernten Bahnhöfen an der Gäubahn gegenüber 8400 Fahrgästen in den Regional- und Fernverkehrszügen der Gäubahn zwischen Böblingen und Stuttgart[2]). Die Strecke verlängert sich dadurch um 3,3 km, was zu höheren Fahrpreisen führt. Auch für die Bahngesellschaften verteuert sich der Bahnbetrieb, denn es fallen Stationsgebühren sowie höhere Streckenbenutzungsgebühren an. Anders, als von den Antragstellern dargestellt, ist damit zumindest im Fernverkehr auch eine Fahrzeitverlängerung verbunden. In Zukunft soll die Fahrzeit von Stuttgart nach Horb 44 Minuten betragen, während die Neigetechnik-ICEs für diese Strecke laut Fahrplan des Jahres 2000 nur 41 Minuten benötigt hatten (inklusive eines Halts in Böblingen).

2. Überschätzung des Reisendenpotenzial an Flughafen und Messe

Der Landesflughafen Stuttgart ist ein Regionalflughafen und hat nur ein begrenztes Einzugsgebiet im Umkreis von ca. 100 -150 km. Bereits seit einiger Zeit stagnieren die Fluggastzahlen und bei einer Betrachtung der langfristigen Perspektive des Flugverkehrs muss die absehbare Verknappung des Rohölangebots (Peak-Oil-Szenario) berücksichtigt werden, für die es im Bereich der Luftfahrt bisher keine Lösung gibt.

Es ist deshalb zu erwarten, dass das bisher relativ kostengünstige Fliegen zukünftig wesentlich teuer wird, so dass viel eher von einem Rückgang der Fluggastzahlen ausgegangen werden muss. Daher entsprechen die 48 neue An- und Abfahrten des Betriebsszenarios im Fern- und die 264 An- und Abfahrten im Regionalverkehr zusätzlich zum bereits bestehenden S-Bahnverkehr mit zwei Linien nicht dem voraussichtlichen Bedarf und stellen eine deutliche Überversorgung dar, die wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen ist.

Das angeführte Argument einer vollwertigen Erschließung des Filderraums ist nicht schlüssig, da die Parkmöglichkeiten am Flughafen für Pendler zu teuer sind. Diese sind nicht für Park+Ride bemessen sondern dienen den Messebesuchern und Fluggästen, die ihre Fahrzeuge dort für längere Zeit abstellen. Es ist dort auch kein flächendeckendes ÖPNV-Netz geplant, das alle Fildergemeinden mit dem neuen Flughafenbahnhof verknüpfen würde (abgesehen von der Stadtbahnverlängerung der U6 und der Verlängerung der S2 nach Neuhausen, für deren Betrieb bereits mit einem Betriebskostendefizit in Millionenhöhe gerechnet wird). Eine Erschließung mit S-Bahn und Stadtbahn sowie durch einen Haltepunkt an der NBS für die Züge aus Richtung Ulm/Tübingen ist deshalb vollkommen ausreichend. Die Verbindung zur Gäubahn würde dagegen wesentlich vorteilhafter über einen Regionalzughalt in Stuttgart-Vaihingen hergestellt.

3. Regionalzughalt Stuttgart-Vaihingen wird unmöglich

In Stuttgart-Vaihingen ist in den letzten Jahren eine Verkehrsdrehscheibe entstanden, wo zahlreiche Stadtbahn, S-Bahn und Buslinien verknüpft sind und die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dort befinden sich wichtige Ziele wie die Universität Stuttgart, Fraunhofer- und Max-Planck-Institute, der Technologiepark SteP, das Regierungspräsidium sowie das Industriegebiet Vaihingen und die Vaihinger Innenstadt mit vielen Einkaufsmöglichkeiten ist von dort zu Fuß in wenigen Minuten zu erreichen. Durch den Umweg der Gäubahn über den Flughafen wird ein Regionalzughalt in Stuttgart–Vaihingen für alle Zeiten unmöglich gemacht, so dass Reisende aus Richtung Süden diesen wichtigen Stuttgarter Stadtteil weiterhin nur mit Umsteigen in Böblingen erreichen können.

4. Fernverkehr auf S-Bahnstrecke

Aus Kostengründen soll zwischen der Rohrer Kurve und dem Flughafen die bestehende S-Bahnstrecke genutzt werden, deren Ausbauparameter nicht denen des Fernverkehrs entsprechen. Für den Tunnel in Echterdingen wurde deshalb eine Ausnahmegenehmigung erteilt, die jedoch nur bis 2035 gültig ist. Bei Betriebsbeginn muss also bereits mit der Planung für eine Alternative begonnen werden, da die Nutzungsdauer im besten Fall nur noch etwa 14 Jahre beträgt. Es kann dort auch keine Neigetechnik eingesetzt werden und der von der EU geforderte freizügige Einsatz von modernen europäischen Eisenbahnfahrzeugen kann nicht gewährleistet werden.

Die engen Radien erlauben nur niedrige Geschwindigkeiten und entsprechen nicht den europäischen Normen für internationale Fernstrecken.

5. Neuer Mischverkehr Fernbahn/S-Bahn

Ein Ziel des Projekts „Stuttgart 21“ ist die Entmischung von S-Bahn- und Regionalverkehr. Durch die Umleitung der Gäubahn, die heute zwischen Rohr und Stuttgart Hbf über eigene Gleise verfügt, entsteht jedoch zukünftig sogar ein neuer Mischverkehr zwischen Fernverkehr, Regionalverkehr und S-Bahn auf den bisher der Filder-S-Bahn vorbehaltenen Gleisen. Dabei entsteht eine Reihe von Zwangspunkten, die den Fahrplan der Gäubahn stark einengen und keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten mehr zulassen. Zur Eingleisigkeit zwischen Tuttlingen und Horb und dem Mischverkehr mit der im 15-Minuten-Takt verkehrenden S1 zwischen Herrenberg und Stuttgart-Rohr kommt nun die höhengleiche Einmündung der Gäubahn in die Filder-S-Bahn mit einem weiteren S-Bahn-Mischverkehr, ein eingleisiger Halt im Bahnhof Terminal sowie die Einmündung in die von Hochgeschwindigkeitszügen befahrene NBS hinzu. Die über die Rohrer Kurve verkehrende Gäubahn muss sich in den Taktverkehr zweier S-Bahnäste (auf der einen Strecke in Stadtauswärts- und auf der anderen in Stadteinwärtsrichtung) einfügen, wodurch nur jeweils zwei Trassen pro Stunde möglich sind. Dabei soll eine Trasse alle zwei Stunden von einem ICE oder IC genutzt werden, so dass kein durchgehender Halbstundentakt im Regionalverkehr möglich ist. Weitere Trassenkonflikte entstehen durch die vorgesehene Durchbindung der Gäubahn nach Nürnberg, wo auf Remsbahn ein weiterer Mischverkehr mit der S-Bahn auftritt./

6. Infrastruktur ohne Fahrplankonzept

Da das Fahrplankonzept für den Verkehr auf dem vorliegenden Planfeststellungsabschnitt noch nicht feststeht, besteht die Gefahr, dass die geplanten Ausbauten der Gäubahn mit Doppelspurinseln zwischen Horb und Tuttlingen u. U. gar nicht notwendig sind bzw. dass die Ausweichstellen an anderen Abschnitten gebraucht werden.

Zwar ist für 2015 ein Fernverkehrsangebot mit ICs angekündigt worden, doch die langfristige Rückkehr der Neigetechnik-ICEs ist nach wie vor unklar. Solange das zukünftige Betriebskonzept der Gäubahn nicht bekannt ist, wirkt die starre Festlegung der Fahrplantrasse im Filderbereich als Planungshemmnis im weiteren Verlauf der Gäubahn.

7. Destabilisierung des S-Bahnsystems

Besonders störanfällig ist die Nutzung des Gegengleises durch die Gäubahnzüge vom Flughafen in Richtung Böblingen, die bei Oberaichen zur Rohrer Kurve abzweigen. Schon bei einer geringfügigen Verspätung muss die entgegenkommende S-Bahn warten und trifft deshalb verspätet am eingleisigen Haltepunkt Flughafen Terminal ein, wo sie weitere S-Bahnen blockiert. Dadurch wird der S-Bahnbetrieb weiteren Störeinflüssen ausgesetzt, die das Stuttgarter S-Bahnsystem destabilisieren.

Bereits das ursprünglich vertrauliche Gutachten des renommierten Schweizer Ingenieursbüros Sma und Partner von 2008 hatte vor diesem Engpass gewarnt. Seither wurden außer einer zweigleisigen Nordanbindung der Station NBS keine infrastrukturellen Verbesserungen geplant, weshalb die Kritik von Sma[3], in der von „knapp bemessener Infrastruktur, Gestaltung des Fahrplans nur in geringem Maße möglich, hohem Stabilitätsrisiko durch hohe bis sehr hoch belastete eingleisige Abschnitte, z. B. Bahnsteigkanten Flughafen Regionalbahnhof...“ gesprochen wird, weiterhin gilt.

Im Stresstest konnte nur die Fahrbarkeit eines optimierten Fahrplankonzepts nachgewiesen werden, das jedoch wegen schlechter Anschlüsse außerhalb des Betrachtungsraums so niemals umgesetzt werden kann. Auch in ihrer neusten Untersuchung[4] kommt sma auf Seite 8 zu einer negativen Bewertung der Antragstrasse, denn sie bescheinigt der Planung „sehr geringe Flexibilität gegen geänderte Randbedingungen aufgrund der Koordination mit verschiedene S-Bahn-Linien zwischen Herrenberg und Flughafen sowie der Eingleisigkeit am Flughafen“, sowie „niedrige Fahrplanstabilität aufgrund hoher Anzahl an infrastruktureller Zwangspunkten und Mischverkehr für Züge von der Gäubahn“. Dieses Gutachten war nur kurz während des Filderdialogs im Internet öffentlich zugänglich, weshalb wir es in der Anlage beifügen.

8. Fehlende Fahrtmöglichkeit Böblingen – Kirchheim (Südtangente)

Ein schwerwiegender Mangel der vorliegenden Planung ist das Fehlen einer Verbindung zwischen der Filder-S-Bahn und der NBS. Damit ist keine schnelle südliche Tangentialverbindung zwischen Böblingen und Kirchheim oder Plochingen möglich (Südumfahrung Stuttgart). Eine solche Verbindung lässt ein hohes Fahrgastpotenzial erwarten, da es auf der parallel verlaufender A8 sehr häufig zu Verkehrsstörungen und Überlastungen kommt. Die S-Bahn-Verbindung über Stuttgart ist mit einer Fahrzeit von 1 Stunde und 8 Minuten gegenüber einer Fahrzeit von etwa 30 Minuten (Böblingen—Kirchheim über A81/A8, Länge 41 km) nicht konkurrenzfähig, während ein schneller Regionalexpress auf dieser Südtangente sogar noch etwas schneller als das Auto wäre.

9. Tieflage der Station NBS

Die Station NBS liegt 27 m unter der Geländeoberfläche und ist deshalb für Reisende nur schwer zugänglich. Es sind keine Rolltreppen vorgesehen und durch die Wartezeit an den Aufzügen verlängert sich die Umsteigezeit zwischen dem Bahnhof NBS und dem Bahnhof Terminal. Zusätzlich erschwert wird das Umsteigen zwischen den Zügen der Gäubahn und den Zügen nach Ulm/Tübingen durch den etwa 200 m langen Fußweg zwischen den Stationen. Diese Konzeption mit zwei Bahnhöfen ist für Fahrgäste verwirrend, denn die schnellen Züge durch den Fildertunnel nach Stuttgart fahren am Flughafen von unterschiedlichen Bahnhöfen aus ab.

10. Brandschutz

Aufgrund der Tieflage besteht für die Fahrgäste im Falle eines Zugbrandes oder eines Terroranschlags ein sehr hohes Risiko für Leib und Leben. Solche verheerenden Unglücke in unterirdischen Bahnhöfen haben sich schon mehrfach ereignet, zuletzt 2003 in der U-Bahn in Daegu, Korea, bei dem 192 Menschen starben[5]. Zur Selbstrettung stehen Fluchttreppenhäuser und sechs Querstollen zum Nachbarbahnsteig zur Verfügung, bei denen sich im Brandfall die Glastüren schließen. Bei einer Verrauchung der Bahnsteige entsteht aber schnell eine Panik und die Bahnhofsnutzer verlieren die Orientierung, so dass die Gefahr besteht, dass in dieser Situation die Fluchtwege schwer auffindbar sind.

Gerade für Behinderte kann so der Bahnhof zur Todesfalle werden, denn diese können sich nicht selber aus der Gefahrenzone entfernen. Die rechtzeitige Rettung diese Personen durch die Feuerwehr mit Hilfe der dafür vorgesehenen Feuerwehraufzüge ist wohl nur unter glücklichen Umständen und bei sehr schnellem Eingreifen gewährleistet.

11. Keine Möglichkeit für Messezüge

Aus Gründen der Streckenkapazität können Züge nicht in der Station NBS gewendet werden, so dass z. B. bei Großveranstaltungen und Publikumsmessen keine Verstärkerzüge Stuttgart—Flughafen über den Fildertunnel fahren können. Eine Wendeanlage ist im Bereich Flughafen nicht vorgesehen.

12. Station Terminal

Die Beschränkung des S-Bahn sowie des Regional- bzw. Fernverkehrs auf jeweils ein Gleis stellt einen empfindlichen Engpass für den Bahnbetrieb dar. Auf dem nördlichen Gleis, das der S-Bahn vorbehalten ist, fahren S-Bahnen im Abstand von 4 bzw. 6 Minuten in verschiedene Richtungen. Dabei muss eine S-Bahnlinie am Bahnsteig wenden, was die Aufenthaltszeit am Gleis noch erhöht. Beispielhaft wird dies im Stresstestfahrplan deutlich. Dort verkehren an einem Bahnsteig nacheinander zur Minute
:09 eine S-Bahn aus Filderstadt in Richtung Vaihingen
:13 eine S-Bahn aus Vaihingen, die am Hp. Terminal wendet
:19 die gleiche S-Bahn, die wieder zurück nach Vaihingen fährt
:23 eine S-Bahn aus Vaihingen fährt weiter nach Filderstadt. Es ist zu erwarten, dass die Beschränkung der S- und RE-Bahnen auf jeweils ein Gleis im praktischen Betrieb nicht durchgehalten werden kann, so dass die Barrierefreiheit häufig nicht mehr gegeben ist. Bei einem Neubau muss aber die Barrierefreiheit gewährleistet werden, zumal diese heute schon zu 100% gegeben ist.

Die Bahnsteige in der Station Terminal sollen nur auf 280 m Länge ausgebaut werden. Dies ist nicht ausreichend für eine Doppeltraktion der Neigetechik-ICEs der BR411 und entspricht nichdem europäischen Standard von 400 m für Verkehrshalte des internationalen Fernverkehrs.

Beim Umbau der Station muss der Bahnsteig verlängert und abgesenkt werden, was mit längeren Behinderungen und möglicherweise auch mit Sperrungen verbunden sein wird.

13. Mangelhaftes S-Bahn-Notfallkonzept

Bei Störungen im S-Bahntunnel der Stammstrecke ist eine Umleitung über Panoramabahn nicht mehr möglich, da diese zukünftig nicht mehr an die Strecken aus Richtung Cannstatt angeschlossen ist. Im Notfallkonzept der S-Bahn mit Fahrt über Fildertunnel ist Stuttgart-Vaihingen nur mit Umsteigen erreichbar. Zudem müssen für diese Ausweichroute entweder alle S-Bahnen mit ETCS ausgerüstet werden oder der Fildertunnel zusätzlich mit dem alten Signalsystem ausgerüstet werden, was mit hohen Kosten verbunden ist.

14. Einschränkungen für den Güterverkehr

Auf dem neugebauten Abschnitt der Gäubahn von Böblingen nach Stuttgart-Vaihingen ist eine Steigung von 39 ‰ vorgesehen. Dies ist für Güterzüge zu steil, weshalb diese nur noch das zweite Gleis in Gegenrichtung nutzen können. Dies stellt allerdings auf einer Strecke mit dichtem Taktverkehr aus S-Bahn, Regional- und Fernverkehr eine unzumutbare Kapazitätseinschränkung dar, so dass Güterzüge nur noch in der Nacht verkehren könnten. Es ist daher davon auszugehen, dass der Güterzugverkehr über Stuttgart-Vaihingen und die Panoramastrecke früher oder später ganz aufgegeben wird. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass bei einer eventuellen Sperrung der Strecke zwischen Renningen und Sindelfingen wegen eines Unfalls oder wegen Bauarbeiten keine Umleitungsmöglichkeit über die Gäubahn mehr vorhanden ist. Dies würde die Produktion im größten Werk der Daimler AG in Sindelfingen massiv beeinträchtigen, die heute einen großen Teil ihres Güterverkehrs auf der Schiene abwickelt.

15. Fehlendes Nutzungskonzept für die Panoramastrecke

Für die Panoramastrecke wurde entgegen dem Schlichterspruch bisher kein Nutzungskonzept entwickelt, so dass eine Stilllegung nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 wahrscheinlich ist. Damit wird z. B. eine Wiederinbetriebnahme des Haltepunktes Westbahnhof bzw. die Umleitung von Güterzügen unmöglich. Dies ist rechtlich fragwürdig, da die Strecke zwischen Feuerbach und Böblingen kürzer als die neue Strecke über den Flughafen ist und ohne Einschränkungen befahren werden kann (für die Fahrt über den Flughafen sind z. B. druckdichte Wagen mit Notbrems- überbrückung und Drehgestellen sowie ETCS notwendig). Auch Güterverkehr zum Westbahnhof wird damit unmöglich, was z. B. im Rahmen eines neuen städtische Logistikkonzepts eine sinnvolle und umweltfreundliche Option wäre.

16. Unzureichende Untersuchung von Varianten

In den Unterlagen sind Varianten, die in den Filderdialog eingebracht wurden, nicht vollständig dargestellt. Die Variante: „Bahnhof an der NBS auf Höhe des Boschparkhauses mit einer NBS Rohr—Flughafen für die Gäubahnzüge“ (Variante 8 in der Präsentation der Firma sma bei der NVBW4, siehe Anlage) wurde nie bewertet, obwohl sie schneller, kürzer und kostengünstigster realisiert werden kann, als die Antragstrasse und zwei zusätzliche Trassen pro Stunde auf der Gäubahn sowie die Realisierung von zusätzlichen Messezügen erlauben würde. Auch der störende Mischverkehr und die Zusatzbelastung der Anwohner an der Filder-S-Bahn fallen dabei weg. Das Argument der weiteren Entfernung dieses Bahnhofs an der NBS von den Terminals ist nicht stichhaltig, da auf vielen Flughäfen der Welt ähnliche Verhältnisse herrschen und zur Überbrückung der Entfernung People Mover eingesetzt werden können.

Alternativvorschlag

Anstelle der Antragstrasse schlägt PRO BAHN die Führung der Gäubahnzüge auf der Panoramastrecke mit einem Halt der Regionalexpresszüge in Stuttgart-Vaihingen vor. Die Einführung der Gäubahn zum neuen Hauptbahnhof sollte weiterhin über die Gäubahnviadukte erfolgen. Zugunsten der städtebaulichen Entwicklung auf dem heutigen Gleisvorfeld sollte aber anschließend eine unterirdische Führung parallel zur S-Bahn bis zum Hbf erfolgen, wobei die Züge in einer zweigleisigen Wendeanlage enden, die senkrecht zu den Gleisen des Tiefbahnhofs auf Höhe der Verteiler- ebene (Ebene -1) angelegt wird. Im Gleisvorfeld erfolgt eine Verknüpfung mit den Gleisen der S-Bahn auf Höhe der Mittnachtstraße, was eine Weiterführung der Züge von der Gäubahn sowohl in Richtung Feuerbach als auch in Richtung Cannstatt erlaubt. Ein weiterer Vorteil wäre die Möglichkeit, die S-Bahn bei Störungen auf der Stammstrecke wie heute in dieser Wendeanlage am Hbf zu wenden und über die Panoramabahn weiter nach Vaihingen zu führen. Nach der vorliegenden Planung ist in solchen Fällen nach dem Notfallkonzept nur ein Wenden an der Mittnachtstraße bzw. eine Führung der S-Bahnen über den Tiefbahnhof vorgesehen, was aufgrund der knapp bemessenen Infrastruktur am Flughafen und im Tiefbahnhof wesentlich umständlicher und störungsanfälliger ist.

Schließlich würde dies auch die Möglichkeit eröffnen, einen Zug an einem Stumpfgleis abzustellen, was in fast jedem modernen Durchgangsbahnhof möglich ist, z. B. zur Bereitstellung eines Sonderzugs.

PRO BAHN e.V.
Regionalverband Region Stuttgart
Dr. Wolfgang Staiger, Teckstr. 14, 70188 Stuttgart
Andreas Kegreiß, Gisilostraße 2, 71083 Herrenberg im Gäu
Christian Petersohn, Ödheimer Str.8, 70437 Stuttgart

Stuttgart, den 18. Dezember 2013

  1. [1]Drucksache 15/1629, Landtag von Baden-Württemberg vom 27.04.2012
  2. [2]Anlage 4.4 zur Sitzungsvorlage 190/2013, Verband Region Stuttgart
  3. [3]http://www.kopfbahnhof-21.de/fileadmin/bilder/stellungnahmen/sma_charts21bis38.pdf, S. 34
  4. [4]Untersuchungen zu den betrieblichen Auswirkungen verschiedener Infrastrukturvarianten im Rahmen des Filderdialogs,28.06.2012, SMA und Partner AG
  5. [5]http://de.wikipedia.org/wiki/Feuer_in_der_U-Bahn_in_Daegu

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letzte Aktualisierung: 11/2024

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