RV Bodensee-Oberschwaben
Gut gemeint, aber schlecht gemacht - Die Kombitarife des VHB (Landkreis Konstanz) und des OTV (Kanton Thurgau)
Bislang gab es von den Verbünden des Landkreises Konstanz (VHB) und des Kantons Thurgau und anderen (Ostwind, OTV) eine wechselseitige Anerkennung bestimmter Zeitkarten. Wer ein Jahresabonnement mit Gültigkeit der grenznahen Zonen hatte, durfte dieses auch im jeweiligen Nachbarverbund benutzen.
Diese Regelung war von vornherein als Übergangslösung bis zur Einführung von Kombifahrausweisen gedacht. Diese wurden zum 1. Juni 2009 eingeführt. Folgerichtig lief die kostenlose wechselseitige Anerkennung der Fahrausweise aus.
Auf den ersten Blick sind die Kombitarife auch ein wichtiger Fortschritt für die Fahrgäste. Endlich gibt es auch Einzelfahrscheine für den jeweiligen Nachbarverbund. Als technische Voraussetzung für deren Verkauf wurden im VHB-Gebiet Fahrausweisautomaten der neuen Generation aufgestellt, die auch im innerdeutschen Verkehr große Vorteile bieten. Weil die Automaten sowohl Nah- als auch Fernverkehrsfahrausweise verkaufen, kann endlich von jedem kleinen Haltepunkt aus prinzipiell jedes Ziel in Deutschland und, soweit tariflich möglich, auch im Ausland gelöst werden.
Bei etwas näherer Betrachtung finden sich allerdings viele Ärgernisse, die das Angebot teils nutzlos machen:
- Zuerst fällt auf, dass der räumliche Geltungsbereich viel zu klein geraten ist. Von der schönen neuen Welt profitieren nicht etwa alle Nutzer der Verbünde, sondern die erlaubten Kombinationen beschränken sich auf deutscher Seite auf die Zonen Konstanz und Radolfzell, während jenseits von Kreuzlingen bereits in Kesswil wieder Schluss mit der grenzenlosen Freiheit ist. Weder Singen noch Romanshorn sind erreichbar.
- Die Informationspolitik ist auf beiden Seiten bescheiden, in der Schweiz noch mehr als in Konstanz. Bei Kauf einer Fahrkarte nach Kreuzlingen erfährt der Fahrgast erst, wenn er das Papier in Händen hält, dass er die Zone "Kr" benutzen darf und sich nicht auf das Ziel "(Bahnhof) Kreuzlingen" beschränken muss. Wie groß diese Zone dann tatsächlich ist, muss dann jeder selbst wissen.
- Ganz hart trifft es die Besitzer eines Abotickets mit Gültigkeit in der Zone 5. Nicht nur, dass sie nicht mehr kostenlos im Ostwindgebiet herumfahren dürfen: sie dürfen es jetzt faktisch gar nicht mehr. Ein Radolfzeller mit einem solchen Aboticket bekommt in Radolfzell keinen Fahrausweis für die Lokalzone Kreuzlingen, auch nicht für die gleichfalls gültige Cityzone Konstanz. Es ist die schön, dass die Schwarzwaldbahn entweder gleich in die Schweiz fährt oder zumindest einen schlanken Anschluss nach Kreuzlingen bietet, nur hilft es halt wenig, wenn es keinen Fahrschein (mehr) für die Stammkundschaft gibt.
- Überhaupt absurd wird es mit der Lokalzone Kreuzlingen und der Cityzone Konstanz. Ein Fahrausweis der einen Zone gilt auch immer für die jeweils andere Zone. Kleiner Haken: Der Fahrausweis darf ausschließlich für diese Zone gelten. Ein Fahrausweis der VHB-Zone 5 (kostet 0,05 EUR mehr als der Citytarif, dafür mit größerem Geltungsbereich) gilt offensichtlich nicht. Nun ja: Der geplagte Fahrgast könnte in Wollmatingen zu einem Stadtbus rennen, sich dort die Fahrkarte kaufen und damit dann im Seehas gen Kreuzlingen reisen.
- Entgegen anderslautender Versprechungen verkaufen die Schweizer Automaten keine Einzelfahrausweis nach Deutschland, Konstanz selbstverständlich ausgenommen.
In einem Schreiben an die Verbünde sowie die politischen Aufgabenträger fordert PRO BAHN, bei diesem Angebot schnellstens technisch wie tarifrechtlich nachzubessern.
Es ist vollkommen indiskutabel, bei vorhandenen guten grenzüberschreitenden Fahrplanangeboten tarifliche Hemmnisse nicht nur nicht abzubauen, sondern durch eine verunglückte Gestaltung sogar nach aufzubauen.
Weitere Informationen:
19.07.2009