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Planfeststellungsverfahren „Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart, Abschnitt 1.2 Fildertunnel“

Stellungnahme PRO BAHN Baden-Württemberg e.V.

zu den weiteren Abschnitten bzw. Stellungnahmen

0. Präambel

1. Erfordernisse der Sicherheit

2. Erfordernisse des Reisekomforts

3. Fragen zu angrenzenden Bereichen

4. Zusammenfassung

0. Präambel

PRO BAHN dankt für die Überlassung der Planfeststellungsunterlagen Abschnitt 1.2 und für die Gelegenheit zur Stellungnahme in direkter Anknüpfung an Abschnitt 1.1.

PRO BAHN anerkennt die dem Planfeststellungsverfahren zu Grunde liegende Vorentscheidung für Stuttgart 21 als Ergebnis der Jahre langen kontroversen Diskussionen.

Der Fahrgastverband PRO BAHN konzentriert sich in dieser Stellungnahme, als konstruktiver Planungsbeitrag, zielgerichtet auf die satzungsgemäße Wahrnehmung wesentlicher Fahrgastbelange. Dabei wird vorausgesetzt, dass alle weiteren Sachgebiete verantwortlich von dritter Seite kompetent geprüft werden, beispielsweise Umwelt- und Finanzierungsfragen. PRO BAHN bittet um die Gelegenheit zur weiteren begleitenden Mitwirkung insbesondere hinsichtlich der fortschreitenden Detailklärung grundsätzlicher Nutzerfunktionen, welche jetzt noch nicht abschließend bewertet werden können.

Als Prüfergebnis wird auch beim Abschnitt 1.2 Fildertunnel aufgezeigt, dass wesentliche Schwachpunkte schon der allerfrühesten Diskussionen bis heute noch nicht befriedigend verbessert oder gelöst wurden. Dazu wird auch auf die Maßgaben, Empfehlungen, Optimierungswünsche und Prüfaufträge des Regierungspräsidiums Stuttgart hingewiesen.

1. Erfordernisse der Sicherheit

Es bestehen erhebliche Bedenken, insbesondere im Brandfalle, gegen das vorgesehene Rettungskonzept. Irrational und apokalyptisch ist die Aussage in den Antragsunterlagen: „Bei Brandentstehung an Bord eines Zuges innerhalb des Tunnels wird dieser (der Zug) in der Regel mindestens 15 Minuten unter Vollbrandbedingungen fahrfähig bleiben und daher sicher ausfahren können.“ (Anlage 1 / Erläuterungsbericht Teil III / Seite 31).

Am Ende der Talfahrt steht der Zug, wenn er überhaupt so weit kommt, in der neuen Bahnhofshalle, wo auch keine effektive und voll umfängliche Brandbekämpfung möglich sein wird. Die Erfahrungen mehrerer katastrophaler Ereignisse der jüngsten Zeit zeigen, dass dann durchfahrene Tunnelstrecke und Bahnhofshalle erheblich beschädigt und auf eventuell längere Dauer betriebsuntauglich sein könnten. Das Szenarium verschärft sich bei einer mit dem Brandfall einher gehenden Entgleisung, oder wenn der Zug führerlos werden und so an ungewollter Stelle zwangsgebremst oder sonst blockiert werden sollte.

PRO BAHN appelliert an die Verantwortlichen, das vorgesehene Rettungskonzept kritisch zu prüfen und glaubwürdig zu verbessern. Insgesamt zeigt das unseres Erachtens wenig durchdachte Rettungskonzept die Problematik der praktisch von Feuerbach quasi durch die Bahnhofshalle bis auf die Fildern durchgehenden Tunnelsituation sehr deutlich auf. Die hier vorgetragenen Bedenken gelten für alle geneigten Tunnelstrecken sinngemäß.

Dazu wird an die Monate lange Teilblockade der S-Bahnstation Flughafen durch das EBA erinnert. Es wäre erstaunlich, wenn das gleiche Amt die in den Antragsunterlagen beschriebenen Rettungsmöglichkeiten in Tunnelstrecken und Bahnhofshalle, besonders auch bei einem unter Vollbrandbedingungen einfahrenden Zug, für ausreichend hielte.

Im Detail soll noch darauf hin gewiesen werden, dass im Tunnel aufsteigender Rauch nur eine abwärtige Fluchtbewegung zulässt, weshalb die Fluchtweglänge zur nächsten erreichbaren Schleuse bis zu rund 1000 Meter betragen wird, die Annahme der Hälfte (1000/2 = 500 Meter) ist ziemlich falsch. Aus derselben Problematik wird die Rettungszufahrt am oberen Tunnelportal im wirklichen Katastrophenfall leider wertlos sein. Im Tunnel selbst ist eine seitliche Zwangsführung entgleister Wagenkästen notwendig, um ein Versperren der Fluchtwege durch schräg gestellte Wagenkästen zu unterbinden.

Zusammenfassend (und im Rückgriff auf den Abschnitt 1.1) wird zur Reduzierung des erheblichen Gefahrenpotenzials vorgeschlagen, etwa in der augenblicklichen Lage des Schillersteges eine für Rettungsfahrzeuge aller Art befahrbare Querdurchfahrt durch die neue Bahnhofshalle als Brücke quer über die Bahnsteiganlage zu führen. Damit ist nicht nur eine bessere Rettungsmöglichkeit und die effektivere Brandbekämpfung eines in der Bahnhofshalle liegen gebliebenen Zuges, sondern zugleich im Alltag die leichtere Bahnhofsquerung für Fußgänger und Radfahrer innerhalb des Schlossgartens gegeben.

2. Erfordernisse des Reisekomforts

Hier soll auf die erste Phase der Zugsabfahrt Richtung Flughafen hingewiesen werden. Der Zug verlässt die Bahnhofshalle im leichten Gefälle und fährt sofort anschließend durch eine Weichenstraße und durch eine Rechtskurve in die Steigungsstrecke ein. Es muss angenommen werden, dass bereits in dieser Zeitphase die erhebliche notwendige Beschleunigung einsetzt, um die Strecke bis zum Flughafen in den geplanten 8 Minuten zu durchfahren. Die Entwurfsgeschwindigkeit der Tunnelstrecke ist bereits nach 1,1 km auf 160 km/h ausgelegt. Das Zusammenwirken von Streckenführung und Beschleunigung kann für viele der in Stuttgart bei kurzen Zugsaufenthalten zugestiegenen Fahrgästen zu starken, den Komfort besonders bei Neigezügen beeinträchtigenden Problemen führen.

3. Fragen zu angrenzenden Bereichen

Der Abschnitt 1.1 Talquerung mit Hauptbahnhof wurde in einer früheren Stellungnahme behandelt, auf die wegen der direkten Anknüpfung nochmals hingewiesen werden muss.

Nachgetragen wird die Empfehlung zur Verbesserung des gesamten Rettungskonzeptes. Im Übrigen gilt das dort schon Vorgetragene unverändert und voll inhaltlich durchweg.

In Folge der besonderen Bedeutung des jetzt behandelten Abschnittes 1.2 Fildertunnel für die Streckenführung zum anschließenden Abschnitt 1.3 Flughafenbahnhof werden die dort geplante komplizierte Ausschleifung der Nebenstrecke zum Flughafenbahnhof und die damit verbundenen betrieblichen Nachteile sehr in Frage gestellt. Dabei wird unterstellt, dass auch in der weiteren Zukunft nicht wesentlich mehr durchgehende Fernzüge zwischen Stuttgart und Ulm vv verkehren werden als im absehbaren Fernfahrplan 2003. Ab dem 15. Dezember 2002 wird dies in vielen Tagesstunden nur 1 ICE je Richtung sein, zugleich entfällt der quasi-Kooperationstarif Rail & Fly ersatzlos. Sofern keine wesentliche Angebotsausweitung erfolgt, werden die allermeisten Fernzüge über den Flughafenbahnhof geführt werden und damit die Reisezeit wieder verlängern.

4. Zusammenfassung

PRO BAHN sieht die vorgelegten Bedenken und Anregungen als konstruktiven Planungsbeitrag im Interesse der Investoren, Betreiber und Bahnreisenden. Denn nur eine auf Dauer funktionstüchtige Bahnanlage wird den wohl eher wachsenden Kundenerwartungen gerecht werden können und so den Betreibern insbesondere in funktionaler und kaufmännischer Hinsicht Freude bereiten. Angesichts der enormen Investition lehnt PRO BAHN alle Provisorien und absehbare Engpässe und Probleme ab. Mit den vorgesehenen und noch zu bewilligenden Mitteln muss eine Dauerlösung aus einem Guss erarbeitet werden, die ungewisse Verbesserungszusagen ausschließt.

Dazu wird voll inhaltlich auch auf die offensichtlich wohl begründeten Maßgaben, Empfehlungen, Optimierungswünsche und Prüfaufträge des Regierungspräsidiums Stuttgart hingewiesen, insbesondere auf die Punkte 4.4.4, 4.4.5, 4.4.6 und 4.4.7 (vgl. die Seiten 63 bis 65 der Anlage 1) im hierzu vorliegenden Erläuterungsbericht Teil I.

PRO BAHN bietet dafür umfassende, fachkundige Bemühungen an und bittet um die Gelegenheit zur beratenden Mitwirkung bei den weiteren Diskussionen und Planungen.

PRO BAHN Baden-Württemberg eV
Peter J. Müller, Ludwigsburger Straße 62, 71691 Freiberg am Neckar
Wolfgang Staiger, Teckstraße 14, 70188 Stuttgart
Josef Schneider, Linkstraße 36, 73239 Kirchheim/Teck

05. Dezember 2002

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letzte Aktualisierung: 03/2024

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