Stuttgart (pb) - Zum Fahrplanwechsel sparen das Land Baden-Württemberg und die beauftragten Verkehrsunternehmen nicht mit Eigenlob. Dies geschieht nicht ganz zu Unrecht, denn zum Stichtag 15.12.2019 wurden etliche spürbare, wenn auch lange entbehrte Verbesserungen umgesetzt. Trotzdem ist die Bahn weit davon entfernt, die führende Rolle im Verkehrssektor zu übernehmen. Der Fahrgastverband PRO BAHN Baden-Württemberg vermisst den politischen Mut zu substanziellen Maßnahmen.
"Mobilität ist das Thema des 21. Jahrhunderts schlechthin," sagt Matthias Beß, Pressesprecher des Verbands. "Die Bahn sollte und muss aus vielen Gründen zukünftig eine entscheidende Rolle auf dem Verkehrsmarkt spielen: Energieverbrauch, Feinstaub, Abgase, Landflucht, demografischer Wandel, gleichwertige Lebensbedingungen: All diese Themen stellen uns vor Probleme, denen man nur mit einer attraktiven Öffentlichen Mobilität begegnen kann," so Beß.
Vor diesem Hintergrund sind die offiziellen Verlautbarungen zum Fahrplanwechsel zwar Schritte in die richtige Richtung, jedoch nur im Labormaßstab. "Was wir wirklich brauchen, sind vollwertige Verkehrsangebote auf dem Land und ein massiver Aufbau von Beförderungskapazität in den Ballungsräumen", meint Beß. "Lahme Züge im Zweistundentakt von 8 bis 18 Uhr ohne brauchbare Anschlüsse an den Endpunkten vertreiben noch die wenigen Fahrgäste, anstatt neue anzulocken", bemängelt er z. B. die zukünftigen Zustände auf der Madonnenlandbahn Miltenberg--Seckach.
Ausweitungen bei der Stuttgarter S-Bahn am frühen Nachmittag sind gerechtfertigt und richtig. Dennoch weisen sie auf ein Problem hin, das niemand angeht: In der eigentlichen Hauptverkehrszeit ist das System ausgereizt. Um hier zusätzliche Kapazitäten zu schaffen, muss richtig tief in die Tasche gegriffen werden. "Das Finanzierungs- und Förderwirrwarr hilft uns absolut nicht weiter. Es wird alles Mögliche angekündigt und dann erwartet, dass sich der andere zuerst bewegt, so auch beim Thema Elektrifizierungen. Bei diesem Politiker-Mikado sind die Fahrgäste die Dauer-Verlierer", bemängelt Beß.
Mutig wäre es, auch auf dem Land ganztags im dichten Takt zu fahren, um den dort lebenden Menschen die gebührende Wertschätzung entgegenzubringen und die nötige Mobilität bereitzustellen. Dies wäre vergleichsweise schnell umsetzbar und auch viel billiger, als die Menschen zur Landflucht zu zwingen und als Konsequenz in den Städten noch mehr Kapazitäten aufbauen zu müssen. Beß: "Bisher hechelt die Verkehrspolitik im Abstand mehrerer Jahrzehnte den Entwicklungen hinterher. Die Verkehrswende erfordert vorausschauendes Handeln."
Kontakt:
Stefan Buhl, Vorsitzender PRO BAHN Baden-Württemberg, Tel. 0170/3077110, buhl@pro-bahn-bw.de
Dr. Matthias Beß, Pressesprecher PRO BAHN Baden-Württemberg, Tel. 015754189939, bess@pro-bahn-bw.de
letzte Aktualisierung: 11/2024