Noch ist der Zeitpunkt der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 auch offiziell unsicher – die DB will erst im Sommer 2024 bestätigen, ob sie die (Teil-)Inbetriebnahme von Stuttgart 21 im Dezember 2025 halten kann. „Teil-Inbetriebnahme“, weil jetzt schon klar ist, dass die Projektteile Flughafenbahnhof, Abstellbahnhof Untertürkheim und der ausgegliederte Projektteil Gäubahnanbindung mit Pfaffensteigtunnel erst später in Betrieb gehen. „Ohne die neue Gäubahnanbindung, die frühestens 2032 zur Verfügung steht, würde Stuttgart vom internationalen Fernverkehr in die Schweiz und zum westlichen Bodensee abgehängt. Für viele Fahrgäste bedeutet das zusätzliches Umsteigen mit dem Risiko, Anschlüsse zu verpassen, was die DB und die Landeshauptstadt gerne beschönigen,“ fasst Wolfgang Staiger (PRO BAHN) die Faktenlage zusammen.
„Am unsichersten ist, wann und ob der Pfaffensteigtunnel fertig wird. Er ist ein zentraler Bestandteil der neuen Gäubahntrasse, die von Böblingen aus über den Flughafen zum zukünftigen Stuttgarter Hauptbahnhof führen soll. Es wird lange über 2025 hinaus dauern, bis er fertig geplant, erörtert, planfestgestellt und gebaut ist“, betont Martin Bachhofer (BUND BW) und ergänzt: „Bisher steht noch nicht einmal die Finanzierung des Tunnels. Die muss der Bundestag beschließen. Dafür müssten aber erst mal die realen Kosten auf dem Tisch liegen. Betrachtet man die Kosten anderer Eisenbahntunnel, kommt man schnell in Richtung drei Milliarden Euro. Es ist durchaus fraglich, ob das ein Bundestag in dieser Legislaturperiode oder nach der nächsten Wahl in anderer Zusammensetzung beschließen wird.“
Trotz all dieser Fakten und Unsicherheiten betreiben die DB und die Landeshauptstadt bereits den Abbau der Gleisanlagen und haben wesentliche Teile des Rückbaus beantragt. Die Landesverbände von PRO BAHN, Verkehrsclub Deutschland, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg haben dazu Stellung genommen. „Der beantragte Rückbau der Gleisanlagen vor einer vollständigen Inbetriebnahme von Stuttgart 21 inklusive einer neuen Gäubahnanbindung ist rechtlich höchst fragwürdig,“ unterstreicht Stefan Frey (LNV). „Das jetzt von der DB AG beantragte Verfahren hat nur eine Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 zum Gegenstand, ohne vollständige Übernahme aller bisherigen Verbindungen. Das ist der um Kunden- und Umweltfreundlichkeit bemühten Deutschen Bahn unwürdig und wird auch dem ursprünglichen Konzept für den Bahnknoten Stuttgart nicht gerecht.“
„Nach dem gegenwärtigen Stand ist – insbesondere wegen Verzögerungen und realistisch zu erwartender Anlaufschwierigkeiten bei der Einführung von ETCS, der digitalen Leit- und Signaltechnik – ein vorläufiger Fortbestand dieser Gleise als Rückfallebene notwendig. Einem Abhängen oder anhaltenden Beeinträchtigungen der Erreichbarkeit des Stuttgarter Hauptbahnhofs muss vorgebeugt werden“ weist Gero Treuner (VCD BW) auf die möglichen Folgen für die Fahrgäste hin und stellt das zeitliche Vorgehen in Frage: „Vor dem Vorliegen der Inbetriebnahmegenehmigung des neuen Tiefbahnhofs, die den Nachweis der Sicherheit für Doppelbelegungen beinhaltet, ist eine Entscheidung über den vorliegenden Rückbauantrag unzulässig: Erst mit dem Vorliegen der Inbetriebnahmegenehmigung kann die Kapazität des neuen Tiefbahnhofs aus der Praxis bestimmt werden.“
Fahrgastverband PRO BAHN Landesverband Baden-Württemberg e.V.
Verkehrsclub Deutschland (VCD) Landesverband Baden-Württemberg e.V.
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Baden-Württemberg e.V.
Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e.V.
letzte Aktualisierung: 11/2024